Haflingerstute bedingt reitbar

Lilli ist bei mir geboren. Als sie nach 12(!) Monaten auf die Welt kam, war sie ganz winzig klein. In der Trächtigkeit muss sie irgendwie unterversorgt gewesen sein. Nach einigen Wochen hat sie eine Fehlstellung entwickelt. Auf dem Röntgen sah man dann, dass die Gelenke bei der ersten Belastung noch nicht voll entwickelt gewesen waren. Glücklicherweise hatten wir gute TÄ an unserer Seite und haben die Fehlstellung operiert. Einmal Schrauben rein und einmal wieder raus, als das Zwergi wieder gerade lief. Als sie 3 Jahre alt war haben wir von den Sprunggelenken nochmal Röbis gemacht und eine sehr gute Prognose vom Tierarzt bekommen. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 80% wird sie nie etwas merken und uneingeschränkt reitbar sein. Soweit so gut.

Leider hat sich letztes Jahr herausgestellt, dass ich (ihre aktuelle Bezugsperson) chronisch krank bin. In naher Zukunft wird sich daran auch nichts ändern. In diesem Prozess musste ich mir eingestehen, dass ich zu viel mache. Ich habe einen (Assistenz-)hund, zwei Pferde und eigentlich hätte ich gerne einen Job, bin aber aktuell arbeitsunfähig. Trotz des fehlenden Jobs schaffe ich es aber nicht, beide Pferde so zu versorgen wie sie es brauchen. Sie stehen im Aktivstall, aber sind trotzdem zu dick, weil sie kaum bewegt/geritten werden. Darum fiel die Entscheidung: Lilli darf in ein neues Zuhause bekommen.

Wir haben dann Lillis Anzeige veröffentlicht. Ich habe währenddessen Lilli weiter eingeritten. Sie läuft alle Gangarten, Richtungswechsel und Co. an der Longe. Kruppe und Schulterherein an der Hand. Unterm Sattel (bzw ohne Sattel, sie hat keinen, bin sie bisher ohne bzw mit Reitpad geritten) läuft sie Schritt, wir haben auch die ersten kleinen Trabstrecken im Gelände eingebaut. Sie kennt das Gebiss, aber ich habe sie bisher nicht daran geritten. Meist reiten wir am Stallhalfter oder mit Sidepull bzw. Hackamore.

Vor kurzem dann der große Schock: Sie ist immer mal verkürzt gelaufen, vorne rechts und nur im Schritt. Trab und Galopp waren/sind zu jederzeit lahmfrei. Trotzdem wollte ich wissen was ist und habe den Tierarzt gerufen. Dabei raus kam eine ziemlich positive Beugeprobe. Leider hat Lilli vorne rechts seit längerem einen vermutlich auf der Aufzucht erworbenen leichten Bockhuf. Da der so leicht war, haben wir ihn stetig durch Hufbearbeitung versucht zu korrigieren. Dabei besteht leider die Gefahr, dass die Sehnen das Hufbein verziehen. Wir gehen davon aus, dass eben genau das passiert ist. Röntgen und Ultraschall stehen aus. Allerdings ist die Prognose eher schlecht. Sie wird vermutlich nicht voll reitbar sein. Bedeutet, dass ich sie auch nicht mehr wirklich verkaufen kann.
Trotzdem muss ich sie abgeben, da ich ihr leider nicht mehr gerecht werde.

Ich wünsche mir für Lilli, dass sie kein reiner Beisteller wird. Das Leben als Beisteller ist zu langweilig für dieses lebensfrohe Pony. Ich habe Lilli schon als Fohlen beigebracht, auf gruselige Dinge eher zuzugehen, als wegzurennen. Als sie wieder von der Aufzucht kam, hat sie sich am Anfang 2x losgerissen und brauchte eine Weile um zu verstehen, dass man Menschen nicht umrennt. Das haben wir ihr liebevoll aber konsequent beigebracht. Inzwischen liebt sie es zu kuscheln, weicht aber sobald man das von ihr braucht. Sie wird immer sanfter im Umgang, ist aber für ihre 4 Jahre ein unglaublich in sich gefestigtes Pony. Das zweite Mal saß ich zB auf ihr drauf, am Stallhalfter und ohne Sattel, da hat es draußen gestürmt und gedonnert. Das Pony hat nichtmal gezuckt. Sie liebt es mit dem Menschen zu arbeiten, lernt schnell und gern. Lilli möchte in ihrem Leben noch eine Aufgabe haben und ich glaube, dass sie für die Arbeit mit Behinderten bzw. als Therapiepferd sehr sehr gut geeignet ist. Schrecktraining mit allem möglichen ist schnell unspannend und angefasst werden ist ihre Lieblingsbeschäftigung. Wenn man sie stundenlang einfach krault, dann ist das Pony glücklich.

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